#plastikwende. Jetzt!

Das Manifest

Unsere Vision ist eine Welt ohne Schäden durch Plastik. Gemeinsam mit allen Zeichner*innen dieses Manifests setzen wir uns als zivilgesellschaftliches Bündnis Exit Plastik für gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen zur Lösung der Plastikkrise ein. Für eine #plastikwende. Jetzt!

Umwelt und Gesundheit schützen

Plastikwende bedeutet die Gesundheit von Ökosystemen, Meeren, Menschen und allen Lebewesen. Dabei denken wir die Plastik- als Ressourcen- sowie Verschmutzungskrise mit der Biodiversitäts- und Klimakrise zusammen und stärken gemeinsame Lösungen. Wir setzen auf Schutz- und Präventionsmaßnahmen für die Gesundheit aller, sowie auf Maßnahmen zum Erhalt und Wiederaufbau von (marinen) Ökosystemen, um Erleichterung für Umwelt, Klima, Meere und Menschen zu schaffen. Wir setzen uns ein für:

  • eine starke nationale und internationale Regulierung zur Vermeidung von Plastikeinträgen in Umwelt und Meere, inkl. der Einstufung von Mikroplastikpellets- als Gefahrgut beim Transport;
  • wirksame Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik und das kritische Hinterfragen hoch technologisierter End-of-pipe-Ansätze wie z.B. die vermeintlich großskalige Beseitigung von Plastik aus den Meeren. Vermeintliche Technofixes wie die  CO2-Deponierung (sog. CCS) lehnen wir ab;
  • die konsequente Umsetzung und regelmäßige Revision bestehender Regulierungen;
  • deutlich weniger Produktion und Anwendung von Plastik und damit auch die Verringerung der für Plastik genutzten schädlichen Chemikalien und Polymere sowie der mit Plastik verbundenen Emissionen von Klimagasen und Schadstoffen;
  • die schadstofffreie und sichere Herstellung von Plastik und Plastikprodukten und Transparenz über Inhaltsstoffe und Gefahren;
  • den Schutz vor gesundheitsschädlichen Chemikalien, durch das Verbot des Einsatzes gesundheits- und umweltschädlicher Chemikalien entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik, inklusive solcher mit persistenten Eigenschaften (z.B. PFAS) und hormoneller Wirkung (EDCs);
  • die besondere Berücksichtigung der unterschiedlichen gesundheitlichen Auswirkungen auf unterschiedliche Geschlechter.

Lösungsorientiert handeln und ehrlich kommunizieren

Plastikwende bedeutet, tatsächlich gangbare und nachhaltige Lösungswege anzubieten, statt irreführender Scheinlösungen. Wir stützen Projekte und Wirtschaftsweisen, die nachhaltig und sozial gerecht sind. Für den Schutz von Umwelt und Verbraucher*innen braucht es Transparenz über Plastik und seine Zusammensetzung einerseits und über die tatsächlichen Auswirkungen der Produktion und Nutzung von Plastik andererseits. Wir setzen uns ein für:

  • die Stärkung und Wertschätzung von positiven Leuchtturmbeispielen, nachhaltigen Verhaltens- und Konsumweisen und Geschichten des Gelingens;
  • das Aufdecken von Greenwashing: Greenwashing mit Produktbezeichnungen wie „klima-“ oder „umweltneutral“ und „Ozeanplastik“ lehnen wir ab;
  • eine positive Bewertung und Bewerbung plastikreduzierender Maßnahmen sowie sinnstiftende und motivierende Anreize für ein ressourcenschonendes und plastikarmes Leben;
  • Transparenz und Informationen zu Chemikalien in Produkten sowie bei der Regulierung und bei Verboten;
  • Aufklärung und Bildung über die Plastikkrise und über die eigene Handlungsfähigkeit;
  • die Enttarnung von Scheindebatten und Technofixes, die einhergehen mit einer technischen und wirtschaftlichen Nichtmachbarkeit sowie mit massiven Risiken für Mensch und Natur und die gleichzeitig von echten Lösungen ablenken und einen systemischen Wandel verhindern.

Vermeidung und echte Kreislaufwirtschaft  zur Priorität machen

Plastikwende bedeutet anzuerkennen, dass wir uns aus der Krise nicht heraus-recyceln können. Plastikwende beinhaltet, dass Produkte nachhaltig und sicher designt, sehr lange genutzt und in ressourcen-, energiesparenden und schadstofffreien Kreisläufen geführt werden: Sharing, Leasing, Wiederverwendung, Mehrweg und Reparatur sind das neue Normal. Plastik wird insbesondere in kurzlebigen Anwendungen vermieden. Wenn Produkte nicht mehr nutzbar sind, gewährleistet ihr Produktdesign ein hochwertiges und schadstofffreies Recycling. So wird auch Plastik nicht mehr unter Entstehung von schädlichen Emissionen und giftiger Schlacken in Müllverbrennungsanlagen und Zementfabriken verbrannt, sondern landet einzig im mechanischen Recycling. Chemische Verwertungsverfahren kommen nicht großflächig zum Einsatz, insbesondere nicht für Verpackungen. Plastikmüllexporte gehören der Vergangenheit an. Wir setzen uns ein für:

  • Vermeidung und Wiederverwendung sowie hochwertiges stoffliches mechanisches Recycling werden gemäß der national und europäisch gesetzlich festgelegten Rangfolge der Abfallhierarchie umgesetzt;
  • die Anerkennung der Grenzen des Recycling: Jeder Recyclingvorgang kostet Energie und bedeutet unwiederbringliche Materialverluste;
  • eine Verringerung der Plastikproduktion ohne Rückgriff auf den großmaßstäblichen Aufbau von Infrastruktur für nicht zukunftsfähige Technofixes wie CCS/CCU, chemische Verwertung und „Bio“-Plastik;
  • den Ausbau der Infrastruktur für Vermeidung und Mehrweg in einer Kreislaufwirtschaft, statt den Erhalt des linearen Systems mit Hilfe von Scheindebatten;
  • die Förderung echter erneuerbarer Wärme statt einem Ausbau von Müllverbrennungskapazitäten.

 Unverpackt und Mehrwegimmer und überall

Plastikwende bedeutet, dass schadstofffreie Mehrwegsysteme und Unverpackt-Lösungen allgegenwärtig, einfach zugänglich, für alle bezahlbar und inklusiv werden. Sie werden an Stelle von Wegwerf-Verpackungen und -Produkten routiniert im Alltag verwendet. Politik und Wirtschaft haben ihre Verantwortung anerkannt und fördern diese Lösungen und Systeme. Wir setzen uns ein für:

  • das Angebot unverpackter Produkte und eine Beschränkung unnötiger Verpackungen;
  • Mehrweglösungen in allen Lebenslagen, die für alle zugänglich, einfach, alltagstauglich und inklusiv genutzt werden können;
  • Mehrwegquoten in allen Bereichen und Sanktionen bei Nicht-Erfüllung;
  • alternative Geschäftsmodelle und Systeme, die dem Gemeinwohl dienen und den Ressourcenverbrauch minimieren statt schädlicher Subventionen: Unverpackt-Läden und Unverpackt-Stationen im Supermarkt, flächendeckende Mehrweg-Poolsysteme, Leihläden, öffentliche Trinkbrunnen und das selbstverständliche Befüllen und Wiederbefüllen („Refill“) eigener Behälter mit Produkten, Speisen, Getränken und Leitungswasser;
  • Bewusstseinsbildung für nachhaltigen Konsum: Gemeinsam nutzen statt individuell besitzen.

Globales Plastikabkommen global umsetzen

Plastikwende bedeutet ein bindendes und ambitioniertes globales Plastikabkommen im Rahmen der UN, um der Plastikkrise zu begegnen. Im Zentrum des Abkommens steht die Reduktion der Neuproduktion von Plastik und seinen fossilen Grundstoffen. Wir setzen uns ein für ein Abkommen, das wirksam und sozial und global gerecht ist. Das beinhaltet:

  • ein robustes Ziel zur Reduktion der Neuproduktion von Plastik und seinen fossilen Grundstoffen;
  • ein Verbot von Schadstoffen und problematischem Plastik, beispielsweise PVC. Chemikalien in Materialien und Produkten werden offengelegt und auf dieser Grundlage global einheitlich gekennzeichnet. Es ist möglich, sie entlang des Lebenszyklus der Produkte zu verfolgen;
  • die Förderung von Mehrwegsystemen und Unterstützung zur Abkehr von Konsummustern, die stark auf Plastiknutzung bauen;
  • die Verpflichtung zum Abbau von Subventionen, die den Zielen des Abkommens widersprechen. Eine erweiterte Herstellerverantwortung sorgt dafür, dass Verursacher*innen die finanziellen Kosten der Plastikkrise tragen;
  • die Wahrung der Interessen von Gruppen in vulnerablen Situationen und ihre Einbindung in die Gestaltung sowie Umsetzung des Abkommens;
  • Mehrheitsentscheidungen statt Konsensverfahren mit dem Vetorecht einzelner Staaten, um Blockaden zu verhindern;
  • einen Mechanismus, der Gruppen mit wirtschaftlichem Interessenkonflikt von den Verhandlungen ausschließt;
  • einen internationalen Fonds, der die Umsetzung des Abkommens finanziell absichert;
  • Nachprüfbarkeit der Umsetzung des Abkommens durch Compliance-Mechanismen;
  • einen Gender Action Plan mit Verankerung von Geschlechtergerechtigkeit.

Folgende Werte sind die Grundlage und leitenden Motive für unser Handeln:

GESUNDHEIT als unverhandelbares Gut und einzig erstrebenswerter Zustand von Ökosystemen, Meeren, Menschen und allen Lebewesen.

GEMEINWOHL als politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich getragener Wert und Richtschnur allen Wirkens.

PLANETARE GRENZEN als anerkannter verfügbarer Handlungsraum, in dem sich unser Leben entfaltet und an dem sich alles Wirtschaften bemisst.

VORSORGE als essenzielles Prinzip, das den ganzheitlichen Schutz von Umwelt und Gesundheit ins Zentrum von Entscheidungen stellt.

VERANTWORTUNG als Fundament allen gesellschaftsrelevanten Handelns, das Ausbeutung und Unterdrückung lokal und global anerkennt und ausschließt, sowie Verursacher*innen von Schäden an Umwelt und Gesundheit und deren sozialen Folgen zur Verantwortung zieht.

Auf Basis dieser Werte arbeiten wir politisch entlang von drei Grundsätzen:

TRANSPARENZ als Kernelement politischer Prozesse und zugleich Grundvoraussetzung für umfassende und zugängliche Informationen zu den Gefahren durch Plastik und Plastik-Chemikalien.

WIRKSAME REGULIERUNGEN als Notwendigkeit, um auf nationaler, europäischer und globaler Ebene, einen politischen Rahmen zum Schutz von Mensch, Meeren und Umwelt und für eine zukunftssichere Gesellschaft zu haben.

SOZIAL- UND UMWELTGERECHTER SYSTEMISCHER WANDEL als Stärkung zukunftsfähiger systemischer Lösungen und gemeinwohlorientierter Geschäftsmodelle statt Investitionen in Scheinlösungen und schädliche Subventionen sowie als Förderung einer Wertegrundlage, die es allen ermöglicht, ressourcenschonend und gesund zu leben.

Im Februar 2024 veranstaltete das zivilgesellschaftliche Bündnis Exit Plastik einen Runden Tisch für NGOs und eine öffentliche Konferenz zu Lösungen für die Plastikkrise. Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft beteiligten sich daran. Die Eckpunkte für dieses Manifest, welches Lösungen zur Plastikkrise adressiert, wurden im Rahmen der Veranstaltungen gemeinsam entwickelt und im Nachgang durch die Exit Plastik-Mitglieder weiter ausgearbeitet. Das vorliegende Manifest enthält die zentralen Elemente für eine #plastikwende. Jetzt!

 

Unterzeichnende

Organisationen und Erstzeichnende: Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit in der Dermatologie (AGN) e.V. • Bad Vilbel Plastikfrei • Bund Naturschutz Ortsgruppe Gersthofen • Bye Bye Plastik • Center for International Environmental Law (CIEL) • Clean River Project e.V. • Coordination gegen BAYER-Gefahren • Delara Burkhardt, Mitglied des Europäischen Parlaments, Umweltpolitische Sprecherin Europa-SPD • Denttabs-Zahnputztabletten • Deutsche Umwelthilfe • Deutscher Naturschutzring (DNR) e.V. • Development Future Haiti e.V. • Dr. Birte Rodenberg, Vorstand Gender CC – Women for Climate Justice e.V. • Everyday Plastic • Facing Finance e.V. • Fair Resource Foundation • Flussbad Berlin e.V. • Forum Plastikfrei • Friends of the Earth Cyprus • Gallifrey Foundation • Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. • Gottberg/Toussaint GbR • H2Org gGmbH • Humusz Szövetség • Initiative Plastikfreie Stadt (KuBuS. e.V.) • INKOTA-netzwerk e.V. • Jutta Paulus, Mitglied des Europäischen Parlaments (Die Grünen/EFA) • K.R.A.K.E. (Kölner Rhein-Aufräum-Kommandoeinheit) e.V. • Klimafreundliches Stadtparkviertel Berlin • Klimaliste Baden-Württemberg • Lahntaucher e.V. • Landschaftsinformationszentrum Wasser und Wald Möhnesee e.V. (Liz) • Leiter Bundeskontaktstelle Wasser • Mehrwegverband Deutschland e.V. • Nachhaltigkeitsportal miterago • NaturFreunde Deutschlands • Ocean. Now! • Ökolokal.de • Oliver Schlaudt, Professor für Philosophie und Politische Ökonomie an der Hochschule für Gesellschaftsgestaltung, Koblenz • Ora d’Oro GmbH • Original Unverpackt • Ozeankind e.V. • Parents For Future Leverkusen • Prof. Dr. Anja Hentschel, Professorin für Umwelt- und Energierecht, Hochschule Darmstadt • rehab republic e. V. • Retorna • Sauberer Kiez Spandau • Schwelm-Cleanup • Sciaena • Swaantje Güntzel, Künstlerin • wirBERLIN gGmbH • Yellow Birds GmbH • Zero Waste Bad Vilbel e.V. • Zero Waste Europe

Weitere Zeichnungen: Chima Anyanwu • Sabine Back, Mitglied von LocalZero und Klimaentscheid Ulm & Neu-Ulm • Simone Beege • Enikö Bors • Axel Bossert • Heidi Bossert • Thomas Breuer • Ute Brischar, Vorstand im Haus der Nachhaltigkeit Ulm • Anne-Marie Brückner • Lars Buntz • Ulrike Dannel • Barbara Dippel, Bund Naturschutz • Thomas Don • Katia Don • Gesine Dumbsky • Hans Egerl • Sabine Emminger • Valerie Fitz • Isabel Gottberg • Nadine Greiter • Mag Peter Gringinger, SDG Programme Coordinator • Julia Kiehlneker • Sven Hamich • Claudia Hartl • Sabine Haussmann • Tobias Heinzelmann • Sabine Hübner • Jana Jarzembowski • Jutta Käufel • Ulrike Kieschke • Manfresd Kriener und Stefan Linzmaier, Autoren des Buches „Fisch in Seenot“ • Tanja Koch • Petra Kruse • Gabriele Kupferschmid-John • Werner Lampe • Katie Lau • Meike Leyde • Anouschka Mackrodt, Mitglied Pharmacist for Future • Ingrid Mayer, Sprecherin der BUND Kreisgruppe Leverkusen • Simone Neubauer • Anita Oelmann • Jörg Oelmann • Karen Pastofski, Friedenau Plastikfrei • Aurélie Philippe • Franziska Poike, Zeichnerin von www.klima-kit.de / parents for Future e.V. • Dr. Christoph Reichert • Alexandra Rieke • Thomas Rissel • Sibylle Scheuerle-Kraiss, Geschäftsführerin Fa. Coast Energy GmbH • Kirsten Schiefke • Karl-Heinz Schmidt • Sophie Schrader • Andreas Seifert • Isabelle Solar • A. Simon-Tönges • Angelika J Trojnarski • Barbara Unmüßig, Ex Vorstand Heinrich Böll-Stiftung • Bernd Vollminghoff • Florian Voss • Rena Maria Weber • Leif Wenzel • Alice Werner • David Westphal • Heiko Wilde • Betty Winkler • Anett Wolf • Lisanne Wolters • Christian Zach • Sophia Zach • Sonja Zikeli, Mitglied der Pharmacists for Future (Ph4F) • Udo Zimmermann • Jenny Zimmermann, Projektmanagerin der Initiative Plastikfreie Stadt

Stand: Juli 2024

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