Samstag, 27. April 2023
Wir haben die folgenden positiven (✅) und negativen (✖️) Punkte beobachtet:
✅Die Untergruppen der Kontaktgruppen 1 und 2 konnten damit beginnend, den Text konkret, Zeile für Zeile zu verhandeln. Am späten Abend konnten die Länder in der Kontaktgruppe 1, trotz der Verzögerungstaktik einiger Länder, mit den Verhandlungen über die Bestimmungen zu primären Kunststoffpolymeren beginnen.
✅ Zu Beginn des Tages meldeten sich einige Länder in derselben Gruppe zu Wort und bekräftigten nachdrücklich die nachweislich schädlichen Auswirkungen von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit. Andere fügten hinzu, dass Ausnahmen nicht für bedenkliche Chemikalien oder primäre Kunststoffpolymere gelten sollten, die für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt gefährlich sind.
✅ In zusätzlichen Beiträgen wurde die Notwendigkeit von Transparenz- und Kennzeichnungsbestimmungen betont, die das Recht der Verbraucher*innen auf Information anerkennen.
✅ Darüber hinaus haben wir einige Stimmen gehört, die bekräftigten, dass die Bestimmungen über den Handel mit Kunststoffen ein wesentlicher Bestandteil des Abkommens seien und dass die Verschmutzung in der gesamten Plastik-Wertschöpfungskette nicht ohne Mitwirkung des Handels angegangen werden kann.
✅ In der Kontaktgruppe 2 hoben die Länder die Bedeutung des Indigenen Wissens hervor, insbesondere bei der Einrichtung wissenschaftlicher Gremien. Andere schlugen die Einrichtung von Nebenorganen – hauptsächlich für wissenschaftliche, technische und technologische Beratung – und eines Durchführungsausschusses vor.
✖️In der Kontaktgruppe 1 behinderte eine Minderheit lautstarker Länder die Arbeit der Gruppe mehr als eine Stunde lang, indem sie sich weigerte, die Diskussion über die Bestimmung zu primären Kunststoffpolymeren (PKP) zu eröffnen. Stattdessen verbrachten sie – so ironisch es auch klingen mag – wertvolle Verhandlungszeit damit, darüber zu diskutieren, ob man die Diskussion über diese Bestimmung beginnen sollte. Schließlich waren die Länder in der Lage, Zeile für Zeile über den PKP-Text zu verhandeln, auch wenn der Großteil des verhandelten Textes am Ende fast ausschließlich in Klammern stand.
✖️In dieser Gruppe erklärten einige Länder zu den Bestimmungen zu Emissionen und Freisetzungen, dass nur Plastikabfälle und Mikroplastik Emissionen freisetzen könnten, nicht jedoch Plastikprodukte. In der gleichen Gruppe gibt es weiterhin Stimmen, die behaupten, dass die bestehenden multinationalen Umweltabkommen ausreichen, um den Handel mit Kunststoffen zu regeln.
✖️Wir hörten auch einige Vorbehalte gegen die Aufnahme von Mikro- und Nanokunststoffen in den Vertragstext. Ein Land verteidigte die Ausklammerung dieses Themas sogar mit der Begründung, dass alle Materialien kleine Partikel absondern, sogar die Haut.
✖️In der Kontaktgruppe 1 forderten mehrere Mitgliedstaaten, dass einige Sektoren von den Verpflichtungen in Bezug auf bestimmte Chemikalien und Kunststoffe ausgenommen werden sollten. Eine Delegation berief sich auf geistige Eigentumsrechte und vertrauliche Geschäftsinformationen sowie auf bestehende internationale und nationale Praktiken, die von der Industrie in den 80er Jahren entwickelt wurden, als Gründe, keine Maßnahmen zur Transparenz, Rückverfolgung und Kennzeichnung in den Vertragstext aufzunehmen.
Der Loser des Tages: Kanadas Umweltminister Steven Guilbeault
Der Titel „Loser des Tages“ geht an den kanadischen Umweltminister Steven Guilbeault, der kürzlich in den Medien mit der Aussage zitiert wurde, dass eine Obergrenze für die Plastikproduktion „möglicherweise zu kompliziert für ein globales Abkommen ist“. Dies sieht nach einer Kehrtwende gegenüber seiner kühnen Erklärung zu Beginn der INC4 aus, in der er sagte, dass ein ehrgeiziges globales Abkommen eine Begrenzung der Produktion erfordert. Guilbeaults inkonsequente Haltung klingt defätistisch und rücksichtslos, insbesondere angesichts des INEOS-Benzol-Lecks, das die Aamjiwnaang First Nation (AFN) betrifft.
Champion des Tages: Die Aamjiwnaang First Nation und die Society of Native Nations
Der Titel “Champion des Tages” geht an die Aamjiwnaang First Nation (AFN) und die Society of Native Nations (SSN) für ihren unerbittlichen Kampf für Umweltgerechtigkeit. AFN befindet sich seit April 2024 aufgrund der Freisetzung von Chemikalien aus der Kunststoffproduktionsanlage von INEOS Styrolution in Sarnia, Ontario, in einer ökologischen Notlage. Die First Nation hat während der gesamten Verhandlungswoche mit lokalen Aktionen, Medieninformationen und Plenarvorträgen ihre kollektive Stimme bei der INC-4 an der Seite der SSN und anderer Mitglieder des Indigenous Peoples Caucus erhoben, deren Gemeinden unverhältnismäßig stark von der Expansion der Petrochemie betroffen sind.
Tägliche Videos von den Verhandlungen und weitere Infos auch unter @exitplastik auf X(Twitter) und Instagram!