Offensive Lidl-Kampagne verkauft PET-Einwegflaschen als nachhaltigste Verpackungsoption: das ist keine „Liebe zur Natur“ – sondern Lobby-Streich!
Um welche Flasche geht es?
In den letzten Wochen wurde von Lidl eine PR-Kampagne zur sogenannten „Kreislaufflasche“ durchgeführt, die in vielen Medien zu sehen war. Diese Kampagne wirft verschiedene Fragen auf, die einer Reflektion bedürfen.
Die sogenannte „Kreislaufflasche“ ist ein Produkt der Schwarz-Gruppe, hergestellt durch die Unternehmensgruppe MEG und im deutschen Sortiment des Discounters Lidl zu finden. Es handelt sich dabei um eine 1,5 l PET-Einwegflasche, deren Flaschenkörper laut Hersteller zu 100 Prozent aus recyceltem PET-Kunststoff (rPET) besteht. Durch den Einsatz von Recyclingmaterial (Rezyklat) für die Produktion, das geringere Gewicht und die höhere Kompression beim Leerguttransport soll die Ökobilanz der Flaschen besser sein als jene von Glas- & PET- Mehrwegflaschen. Dazu wurde extra eine Studie beim Institut für Energie und Umwelt (IFEU) in Auftrag gegeben. [1]
Anti-Mehrweg Lobbying in Zeiten, in denen Gesetze (endlich) mehr Mehrweg vorschreiben wollen
Lidls Kampagne propagiert die Möglichkeit eines verlustfreien Recycling-Kreislaufs und will die Öffentlichkeit glauben lassen, dass wir uns aus der Plastikkrise raus-recyceln können. Beides ist zweifelhaft. Die Kampagne kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der in Deutschland und in der EU konkrete und rechtsverbindliche Ziele zur Reduzierung von Einwegverpackungen und Förderung von Mehrweg erarbeitet werden [2]. Verbraucher*innen können durch die Kampagne einen falschen Eindruck der Nachhaltigkeit von Einwegplastikverpackungen bekommen. Wirklich nachhaltige Alternativen wie unverpackt-Lösungen (z.B. gesundes Leitungswasser statt Flaschenwasser[3]) und ein flächendeckender Ausbau der Mehrweginfrastruktur durch eine verbindliche und überfällige Mehrweg-Gesetzgebung treten durch die finanzstarke Kampagne in den Hintergrund.
Was ist problematisch an Lidls Kampagne und Darstellung der PET-Einwegflasche?
[1] https://diekreislaufflasche.de/
[2] Exit Plastik: SteckbriefPlastik: EU Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle
[3] Umweltbundesamt (2020): Trinkwasser; GUT Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme mbH (2020): Vergleich des CO2- Fußabdrucks von Mineral- und Trinkwasser
[4] 320°: Kreislaufflasche: Lidl kontert Kritik der Umwelthilfe (27.04.2023)
[5] H. Lehmann et al. (2022). The Impossibilities of the Circular Economy: Separating Aspirations from Reality
[6] Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH (2020): Aufkommen und Verwertung von PET-Getränkeflaschen in Deutschland 2019 (Kurzfassung)
[7]Changing Markets Foundation(2022): Synthetics Anonymous 2.0: Fashion’s persistent plastic problem
[8] V. Dhaka et al. (2022): Occurrence, toxicity and remediation of polyethylene terephthalate plastics. A review. Environ Chem Lett20; Exit Plastik: Positionspapier “Chemikalien in Plastik”
[9] A.Ozaki et al.(2022):Determination of potential volatile compounds in polyethylene terephthalate (PET) bottles and their short- and long-term migration into food simulants and soft drink, Food Chemistry, Volume 397,
[10] S. Gerassimidou et al. (2022): Unpacking the complexity of the PET drink bottles value chain: A chemicals perspective, Journal of Hazardous Materials 430.
[11] V. Kopatz et al. (2023): Micro- and Nanoplastics Breach the Blood–Brain Barrier (BBB): Biomolecular Corona’s Role Revealed. Nanomaterials 13, 1404.
[12] Leslie et al. 2022: Discovery and quantification of plastic particle pollution in human blood
[13] Ragusa et al. 2021: Plasticenta: First evidence of microplastics in human placenta
[14] Exit Plastik: Positionspapier “Mikroplastik”
[15] Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (2023):"Ökobilanz der PET-Einweg-Kreislaufflasche der MEG