Implementierung der SUPD in Europa: Die Karte zeigt die Länder, die bei der Umstellung führend sind (grün) und die Länder, die bei der Umsetzung der verbindlichen EU-Richtlinie zur Eindämmung von Einwegplastik hinterherhinken (orange und rot).

Gemeinsame Presseinformation vom 21. September 2022

Kampf gegen Einwegplastik: Deutschland hinkt hinter EU-Staaten wie Frankreich und Portugal hinterher

Bei der Umsetzung der EU-Einwegplastikrichtlinie zur Reduktion von Einweg-Plastikartikeln gibt es deutlichen Nachbesserungsbedarf in Deutschland. Das zeigt der heute veröffentlichte jährliche Bericht der Rethink Plastic Alliance und der Break Free From Plastic-Bewegung, der die Fortschritte bei der Verabschiedung nationaler Maßnahmen im Rahmen der „SUPD“ („single-use plastics Directive“) in EU-Ländern untersucht.

Aus der Evaluierung geht hervor, dass die meisten EU-Länder große Fortschritte bei der Implementierung gemacht haben. Gleichzeitig gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich ihrer Ambitionen: Während einige Länder die Pflicht zur Umsetzung der SUPD als Chance begriffen haben, ehrgeizige Maßnahmen zur Vermeidung von Einwegplastik auf den Weg zu bringen, gehen andere Länder, darunter Deutschland, über eine 1:1 Umsetzung nicht hinaus und hinken hinterher. Was die erweiterte Herstellerverantwortung betrifft, so sind die meisten Länder noch weit davon entfernt, ihren Verpflichtungen rechtzeitig bis zu den Fristen 2023 und 2024 nachzukommen.

Um die in der Richtlinie vorgeschriebene Verbrauchsminderung von Einweg-Plastikartikeln zu erreichen, setzt beispielsweise Frankreich auf Reduktionsziele für Plastikverpackungen, die anteilig durch den Umstieg auf Mehrweg und die schrittweise Eliminierung von Einwegplastik erreicht werden sollen. Gleich mehrere Länder, darunter Frankreich, Portugal und Luxemburg, haben die Liste der durch die SUPD verbotenen Einweg-Plastikartikel um zusätzliche Verbote, wie die von Einweg-Plastikverpackungen für Obst und Gemüse, ergänzt. Spanien hat das Hinzufügen von Mikroplastik in gewissen Produkten verboten.

Deutschland hingegen beschränkt seine Verbote auf die in der Richtlinie gelisteten Artikel und setzt zur Verbrauchsminderung darüber hinaus auf eine Mehrwegangebotspflicht für den Außerhaus- und Vorort-Verzehr von Speisen und Getränken, die 2023 in Kraft tritt. Mit einem „Einwegkunststofffonds“ sollen Hersteller an Entsorgungskosten von Plastik im öffentlichen Raum beteiligt werden. Unklar ist bisher, inwieweit dieser auch für Sensibilisierungsmaßnahmen für verpackungssparende Mehrwegalternativen genutzt werden soll, wie in der SUPD vorgesehen.

„Es ist bedauerlich, dass Deutschland als einer der größten Verpackungsverbraucher Europas, immer noch so zögerlich gegen die Verpackungs-Flut vorgeht und wichtige Schritte zur konsequenten Mehrwegförderung bisher versäumt hat. Denn indem wir Einweg-Verpackungen bereits in der Herstellung vermeiden, sparen wir wertvolle Ressourcen, schonen das Klima und senken die Abhängigkeit von Rohstoffimporten. Für die Herstellung von Kunststoffen werden große Mengen Öl und Gas verwendet. Deshalb ist es ist dringender denn je, die Einweg-Sackgasse zu verlassen und Mehrweg als neuen Verpackungsstandard zu etablieren.“, sagt Carla Wichmann, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Exit Plastik.

„Deutschland sollte bei der Umsetzung der SUPD nachbessern. Für eine Kehrtwende in puncto Verpackungen braucht es ein breites und harmonisiertes Maßnahmenpaket. Dazu gehören messbare, verbindliche und materialunabhängige Reduktionsziele für Einweg-Verpackungen sowie eine Mehrwegförderung, die über eine Angebotspflicht im Take-Away-Bereich hinausgeht und die Hersteller in die Pflicht nimmt. Ein wichtiger Hebel ist dabei auch die Ausweitung der bestehenden Mehrwegquote für Getränke auf weitere Verkaufs-, Transport- und Versandverpackungen. Zusätzliche Verbote von Einweg-Verpackungen für Obst- und Gemüse, ähnlich wie in Frankreich und Portugal, bergen zudem ein großes Verpackungs-Vermeidungspotenzial und können einfach umgesetzt werden.“

Hintergrund zur SUPD:

Im Juni 2019 hat die Europäische Union eine bahnbrechende Rechtsvorschrift zur Eindämmung der Plastikverschmutzung verabschiedet: die EU-Einwegplastik-Richtlinie. Die Maßnahmen zielen auf die zehn wichtigsten Einwegplastikprodukte ab, die die Strände in der Europäischen Union verschmutzen und die den größten Teil des gesamten Meeresmülls in der EU ausmachen. Bis Juli 2021 sollten die EU-Länder mehrere Einwegplastikartikel verbieten, bestimmte noch auf dem Markt befindliche Einwegplastikprodukte kennzeichnen und jährliche Sensibilisierungskampagnen starten. Außerdem sollen sie bis 2026 eine messbare quantitative Verringerung des Verbrauchs von Einwegplastikbechern und Lebensmittelbehältern im Vergleich zu 2022 erreichen und ab 2023 für Tabakerzeugnisse sowie ab 2024 für andere Einwegplastik-Kategorien Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung einführen.

Weitere Informationen:

Exit Plastik” ist ein Bündnis deutscher zivilgesellschaftlicher Akteur*innen, das sich seit 2020 gemeinsam für die ganzheitliche Lösung der Plastikkrise einsetzt und die mit Plastik verbundenen Gefahren für Mensch, Umwelt und Klima adressiert. Es formuliert 15 Forderungen an die Bundesregierung, mit denen es entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik Wege aus der Plastikkrise aufzeigt – von der Rohstoffgewinnung bis zum Nutzungsende. Das Bündnis ist Teil der weltweiten #breakfreefromplastic-Bewegung und macht sich in Deutschland, in der EU- und auf globaler Ebene stark, um die Plastikflut zu stoppen. Zu den Mitgliedern des Bündnisses zählen: a tip: tap e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), Greenpeace e.V., Heinrich-Böll-Stiftung, HEJSupport e.V., Küste gegen Plastik e.V., Surfrider Foundation Germany e.V., Women Engage for a Common Future e.V. (WECF), Zero Waste Germany e.V. und Zero Waste Kiel e.V.

Links:

„Single Use Plastics Directive Implementation Assessment Report“ der Rethink Plastic Alliance und der Break Free From Plastic-Bewegung: https://rethinkplasticalliance.eu/sup-implemetation-assessment-report/

Policy Briefing „Deutschland soll bei der Umsetzung der EU-Einwegplastik-Richtlinie nachbessern“ des BUND basierend auf o.g. Report: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/ressourcen_und_technik/SUPD_Umsetzung_Deutschland_soll_nachbessern.pdf

Mehrweg-Positionspapier des Exit Plastik-Bündnisses: https://exit-plastik.de/positionspapier-mehrweg/

Hintergrundinformationen zur Plastikproduktion und deren Beitrag zur Klimakrise: https://exit-plastik.de/plastikproduktion/

Forderungskatalog “Wege aus der Plastikkrise” des Exit Plastik-Bündnisses in Kurz- und Langfassung: www.exit-plastik.de/forderungen

Grafik-Download „Implementierung der SUPD in Europa“: https://cloud.bund.net/index.php/s/tRpoNnFGTKeSRqN

Kontakt zum Bündnis:

Carla Wichmann (Koordinatorin des Bündnisses „Exit Plastik” c/o HEJSupport), carla.wichmann@exit-plastik.de, 0176-72224415, www.exit-plastik.de