Die neue EU-Verpackungsverordnung tritt in Kraft
Nach einem langen Prozess mit vielen Verhandlungsrunden und Textüberarbeitungen ist die EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (engl. Packaging and Packaging Waste Regulation: „PPWR“) am 11.02.2025 in Kraft getreten. Die in der PPWR festgelegten Vorschriften, Verbote und Maßnahmen für Verpackungen und Verpackungsmüll müssen von den Mitgliedsstaaten nun nach und nach umgesetzt werden. Weitere Ergänzungen oder Änderungen in Form delegierter Rechtsakte oder durch das Zusammenspiel mit anderen Verordnungen/Richtlinien sind möglich.
Schlüsselaspekte der EU-Verpackungsverordnung
Vermeidung
Die PPWR legt erstmals verbindliche Abfallvermeidungsziele für Verpackungen fest. Jeder Mitgliedstaat muss sein Pro-Kopf-Aufkommen an Verpackungsabfällen um mindestens 5% bis 2030, 10% bis 2035 und 15% bis 2040 verringern. Das Vergleichsjahr ist 2018.
Mehrweg & Refill
Ab 2027 müssen HORECA-Betriebe (Hotels, Restaurants, Cafés) mitgebrachte Behälter befüllen („refill“) und bis 2028 ein Mehrwegsystem eingeführt haben. Dabei gilt die unverbindliche Zielsetzung, bis 2030 einen Mehrweganteil von 10 % zu erreichen. Darüber hinaus sind Mehrwegziele für Transport-, Sammel- und Getränkeverpackungen für 2030 und 2040 vorgesehen – mit Ausnahmen für bestimmte Verpackungsarten wie z.B. Karton. Darüber hinaus gibt es weitere Ausnahmen von den Mehrwegzielen für kleine Unternehmen oder wenn Mitgliedstaaten höhere Recycling- oder Abfallvermeidungsziele erreichen als vorgeschrieben.
Recycling
Verpackungen müssen bis 2030 für das Recycling konzipiert und bis 2035 in der EU weitgehend recyclingfähig sein. Die PPWR sieht einen Schwellenwert für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen von 65 % bis 2025 und 70 % bis 2030 vor. Darüber hinaus werden für 2030 und 2040 Zielvorgaben festgelegt, nach denen die Hersteller einen Mindestanteil an Rezyklaten in Kunststoffverpackungen verwenden müssen.
Erweiterte Herstellerverantwortung
Die PPWR sieht vor, dass verschiedene Kosten im Abfallsektor durch Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Verpackungen gedeckt werden. Darüber hinaus müssen die Systeme der Herstellerverantwortung und die Pfandsysteme einen Mindestanteil ihres Budgets für die Finanzierung von Vermeidungs- und Reduktionsmaßnahmen aufwenden.
Verbote
Die PPWR sieht ab 2030 ein Verbot von Einwegplastikverpackungen vor für Bündelungen/Umverpackungen (z.B. für Flaschen, Dosen…), unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse, für den vor-Ort-Verzehr im Gastgewerbe, für Kleinstportionen (z.B. Sahne, Zucker…) beim vor-Ort-Verzehr im Gastgewerbe, Miniatur-Hotelkosmetika (z.B. Shampoo, Lotion…). Außerdem sollen sehr leichte Kunststofftragetaschen, Lebensmittelbehälter aus expandiertem oder extrudiertem Polystyrol (EPS/XPS), Schrumpffolien zum Schutz von Gepäckstücken und Kunststoffchips für den Transport verboten werden. Die Verbote beziehen sich nur auf Plastik und enthalten zahlreiche Ausnahmen.
Chemikalien
Ab Mitte 2026 schreibt die PPWR ein Verbot von PFAS in Lebensmittelverpackungen vor. Bis Ende 2026 müssen die EU-Kommission und die EU-Chemikalienagentur (ECHA) einen Bericht über besorgniserregende Chemikalien in Verpackungen vorlegen, um weitere Überlegungen zur Beschränkung von Chemikalien anzustellen, die die Wiederverwendung und das Recycling beeinträchtigen und ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen. Bis 2030 soll eine Methodik zur Identifizierung von besorgniserregenden Stoffen in Verpackungen festgelegt werden, um deren Kennzeichnung (Substanz und Konzentration) sicherzustellen.
Pfandsysteme
Bis 2029 müssen die Mitgliedstaaten Pfand- und Rücknahmesysteme für Einweg-Plastikflaschen und -Metalldosen einführen, es sei denn, sie erreichen bis 2026 eine Getrenntsammlungsquote dieser Verpackungen von 80 % und legen einen Plan mit konkreten Maßnahmen vor, um bis 2029 eine Getrenntsammlungsquote von 90 % zu erreichen. Darüber hinaus soll angestrebt werden, Einweggetränkeflaschen aus Glas, Mehrwegverpackungen und in einem anderen Mitgliedstaat erworbene Flaschen/Dosen in das Pfandsystem einzubeziehen.
Was erwarten wir von Deutschland bei der Umsetzung der PPWR?
Auch wenn die PPWR eine Verordnung ist und daher für alle EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen und unmittelbar gilt, können die Mitgliedstaaten zusätzliche Maßnahmen ergreifen, bestehende strengere nationale Vorschriften beibehalten oder sich höhere Ziele setzen (z. B. Mehrwegverpackungen). Damit soll sichergestellt werden, dass die EU zumindest die in der PPWR festgelegten Ziele für Verpackungsabfälle erreicht.
Für eine wirkliche Verpackungswende, zur Bewältigung der steigenden Flut von Einwegverpackungen und Verpackungsabfällen sowie zum Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Chemikalien die mit Plastik in Verbindung gebracht werden, sind die Ziele in der PPWR nicht stark genug. Um die Ziele der PPWR und eine Verpackungswende einzuläuten, muss Deutschland einen ambitionierten Ansatz bei der Umsetzung der Vorschriften der PPWR zur Reduzierung von Verpackungen verfolgen. Dazu gehören:
- Die Festlegung höherer und umfassenderer Mehrwegziele für die von der PPWR erfassten Sektoren sowie Ausweitung der Mehrwegziele auf weitere Sektoren und Produktgruppen (z. B. Lebensmittelverpackungen, Kosmetika, Reinigungsmittel), einschließlich verbindlicher Mehrwegziele für den Take-away-Sektor.
- Die Stärkung der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) durch die Kostenübernahme nach dem Verursacherprinzip für Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Verpackungen und Verpackungsabfällen, für Entsorgung und Reinigung sowie für Investitionen in den Ausbau und die Förderung von Pool-Mehrwegsystemen.
- Klare Vorschriften für Chemikaliensicherheit und Transparenz. Dazu gehören Bestimmungen zur Vermeidung gefährlicher Chemikalien in Verpackungen aus Recyclingmaterial in gleichem Maße wie in Verpackungen aus Neumaterial sowie Investitionen in die Identifizierung gefährlicher Stoffe, die die Nutzung, Wiederverwendung und das Recycling von Verpackungsmaterialien beeinträchtigen.
- Finanzielle und wirtschaftliche Anreize zur Unterstützung des Übergangs von Einweg- zu Mehrwegsystemen. Z. B. durch Umweltsteuern für Wirtschaftsakteure, verbraucherorientierte Abgaben und zweckgebundene Mittel zur Förderung der Wiederverwendung und Abfallvermeidung
Wie nationale und lokale Regierungen die Chancen der neuen EU-Verpackungsvorschriften optimal nutzen können, zeigt auch der Bericht der „rethink plastic alliance“: ‘Packaging and Packaging Waste Regulation Implementation: A roadmap for national and local governments to slash record levels of packaging waste,’