Enttäuschende Ergebnisse der Plenumsabstimmung zur PPWR

Am 22.11.2023 hat das Europäische Parlament im Plenum über die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle (engl. Packaging and Packaging Waste Regulation: “PPWR”) in Europa abgestimmt. In Folge der beispiellosen Lobbyarbeit der Einwegverpackungs-Industrie und einiger Fastfood-Unternehmen, welche die Verhandlungen geprägt haben, wurde der Text in Bezug auf Abfallvermeidung und Wiederverwendung stark verwässert. Viele der wirksamsten Maßnahmen zur Bewältigung der Verpackungskrise und kontinuierlich steigender Verpackungsmüllberge wurden gestrichen oder abgeschwächt. So wurde z.B. die Liste der unnötigen Verpackungsformate sowie der Umfang der Mehrwegziele reduziert. Eine neue und besonders kritische Ausnahmeregelung macht die Mehrwegquoten zusätzlich praktisch zunichte. Das gefährdet die Verpackungswende – eine wesentliche und dringend erforderliche Verringerung der Produktion von Verpackungen zum Schutz von Ressourcen und Klima ist so nicht möglich. Es gibt jedoch auch einige Aspekte der Plenarabstimmung, die in die richtige Richung gehen, wie z. B. die strengeren Anforderungen für gefährliche Chemikalien in Verpackungen.

Die wichtigsten Ergebnisse:

Abfallvermeidung

Grundsätzlich sind die beschlossenen Abfallvermeidungsziele begrüßenswert, wenngleich höher angesetzte Ziele besser wären: In der jetztigen Fassung sollen ausgehend vom Jahr 2018 bis 2030 5%, bis 2035 10% und bis 2040 15% aller Verpackungsabfälle vermieden werden. Das EU-Parlament hat diese um neue Plastik-spezifische Abfallvermeidungsziele ergänzt: 10% bis 2030, 15% bis 2035 und 20% bis 2035. Die einseitige Festlegung von materialspezifischen Teilzielen für Kunststoff kann jedoch zu einer Substitution von Verpackungen aus Plastik durch andere Materialien führen, wie z.B. Papier, was ebenfalls kritisch ist.

Problematisch ist die deutlich reduzierte Liste der einzuschränkenden unnötigen Verpackungen. Einwegverpackungen für Gemüse und Obst sowie Einwegteller und -becher beim vor-Ort-Verzehr und Einwegpäckchen und -gefäße (single-use sachets and tubs) im Gastgewerbe sollen demnach nicht beschränkt werden. Lediglich das Verbot für Miniatur-Hotelverpackungen (Shampooflaschen) und Umverpackungsfolie wurde bestätigt.

Mehrweg

Nachdem die Mehrwegziele für Speisen und Getränke zum Mitnehmen bereits aus der Entwurfsfassung des Umweltausschusses gestrichen wurden, wurde der Umfang der Mehrwegziele erneut reduziert, so dass die wichtigsten Regelungen aus dem Text entfernt wurden.

Die Wiederverwendungsziele für alkoholfreie (20 % im Jahr 2030 und 35 % im Jahr 2040) und alkoholische Getränke (10 % im Jahr 2030 und 25 % im Jahr 2040) entsprechen den Vorschlägen der Kommission, die von vornherein zu niedrig sind.

Besonders kritisch ist eine neu eingefügte Ausnahmeregelung, die den gesamten Artikel über die Mehrwegziele in allen Sektoren betrifft. Sie entbindet Mitgliedstaaten von der Erfüllung der Mehrwegquoten, wenn diese für Einwegverpackungen bestimmter Materialien eine Sammelquote von mindestens 85% erreichen (oder planen, diese Quote innerhalb von zwei Jahren zu erreichen). Das untergräbt die Abfallhierarchie, die eindeutig besagt, dass Abfallvermeidung vor Recycling stehen muss, macht die Mehrwegquoten praktisch zunichte und verhindert den weiteren Ausbau von Mehrwegsystemen.

Gesundheit und Chemikalien

Ein positiver Aspekt ist, dass künftig strengere Anforderungen für gefährliche Chemikalien in Verpackungen gelten sollen. Damit wurde der ursprüngliche und in dieser hinsicht sehr schwache Vorschlag der Europäischen Kommission verbessert. Die so genannten „Ewigkeits-Chemikalien“ PFAS und BPA sollen komplett in Lebensmittelverpackungen verboten werden. Das ist wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wenngleich noch nicht ausreichend, um Verbraucher*innen umfassend vor gefährlichen Chemikalien in Verpackungen zu schützen.

Nächste Schritte

Nun kommt es auf die Position der Mitgliedsstaaten im Rat der EU an, der seine sogenannte allemeine Ausrichtung in Dezember vorlegen soll. Um den Kurs der PPWR zu korrigieren, braucht es ein ehrgeiziges Mandat für Abfallvermeidung und Mehrwegquoten. Als größter Verpackungsverbraucher in der EU sollte Deutschland sich besonders stark dafür einsetzen. Anfang 2024 wird die Verordnung dann voraussichtlich in den Trilog gehen. Den EU-Institutionen bleibt nur wenig Zeit, den Text vor den Europawahlen Mitte nächsten Jahres zu verabschieden.