Zweites Treffen für ein internationales Plastikabkommen: INC-2 vom 29. Mai bis 2. Juni 2023 in Paris
Im März 2022 hat die UN-Umweltversammlung die Absicht erklärt, bis 2024 ein rechtsverbindliches internationales Abkommen gegen die Plastikverschmutzung auszuhandeln. Vom 29. Mai bis 2. Juni 2023 kamen Regierungsvertreter*innen und andere Interessengruppen in Paris zur zweiten Verhandlungsrunde des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses (INC-2) zusammen. 175 Staaten sind an der Entwicklung dieses Abkommens beteiligt. Exit Plastik Mitglieder brachten sich vor Ort in Paris ein und berichteten. Siehe auch Beiträge auf Twitter & Instagram.
Was wurde beim INC-2 erreicht und wie ist das zu bewerten?
Zusammenfassung – Ergebnis des zweiten Treffens des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses ist ein Mandat zur Ausarbeitung eines ersten Entwurfs eines Vertragstext („Zero Draft“) durch den Vorsitzenden des Ausschusses bis zur nächsten Verhandlungsrunde. Der inhaltliche Prozess wurde jedoch durch mühsame Debatten über Verfahrensregeln verschleppt. Die nächste Verhandlungsrunde, INC-3, wird im November 2023 in Nairobi, Kenya, stattfinden. Bis dahin sind regionale Treffen geplant. 2024 soll der Prozess abgeschlossen sein. Eine starke und während der Verhandlungen weiter zusammengewachsene NGO-Community setzt sich mit vereinten Kräften für ein wahrhaft ambitioniertes Abkommen und die Lösung der Plastikkrise ein.
Die an den Verhandlungen teilnehmenden Staaten erzielten zum Ende der Verhandlungswoche Fortschritte in Form eines Mandats für die Ausarbeitung eines ersten Entwurfs (Zero Draft) im Vorfeld des INC-3. Wertvolle Zeit für inhaltliche Diskussionen ging jedoch zu Gunsten von mühsamen, scheinbar endlosen Debatten über die Geschäftsordnung verloren, die die Hälfte des Treffens in Anspruch nahmen.
Diese scheinbar harmlose Debatte über Verfahrensregeln beeinträchtigte den Verhandlungsprozess. Die ohnehin schon kurz bemessenen drei Tage für inhaltliche Arbeit wurden dadurch auf eine Handvoll Sitzungen verkürzt. Das hatte eine Reihe von Auswirkungen, wie die weitere Einschränkung der Teilnahme von Beobachter*innen bis hin zur Verschiebung wichtiger Arbeiten in die Sitzungsperioden. Es ist zu befürchten, dass ein frühzeitiger Versuch von Parteien mit mächtigen Eigeninteressen in der Öl- und petrochemischen Industrie sein könnte, das Abkommen so schwach wie möglich zu gestalten, damit die Produktion von Plastik aus fossilen Brennstoffen unvermindert fortgesetzt werden kann.
Zu den positiven Ergebnissen gehören, dass einige Länder (u.a.Ruanda, Ecuador, Mexiko, EU), globale Reduktionsziele der Kunststoffproduktion und Offenlegungspflichten (ähnlich denen zu Inhaltsstoffen und Emissionen im Rahmenübereinkommen zur Eindämmung des Tabakkonsums) forderten, das Vorsorgeprinzip beim Umgang mit Mikroplastik anwenden, die Notwendigkeit des Menschenrechts auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt anerkennen und einem gerechten Übergang („just transition“) zu sichereren und nachhaltigeren Lebensbedingungen für die Beschäftigten entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik einräumen.
Es gibt jedoch auch viele bedenkliche Ergebnisse: Einige Länder forderten weiterhin uneinheitliche nationale Aktionspläne, wenn es um die Erfüllung wesentlicher Verpflichtungen ging, wie z. B. Reduktions- und Wiederverwendungsziele oder Kriterien für Alternativen. Einige Länder propagierten weiterhin chemisches „Recycling“ und viele konzentrierten sich nach wie vor hauptsächlich auf Recycling und das Downstream-Management der Plastikverschmutzung, statt bereits in der Ressourcenextraktion und Plastikproduktion anzusetzen.
Wie geht es weiter?
Die UN-Mitgliedstaaten und Beobachtende werden gebeten, dem Sekretariat ihre Kommentare zur INC-2 zu übermitteln, auch hinsichtlich der Aspekte, die auf der INC-2 nicht erörtert wurden. Dazu gehören etwa die Grundsätze und der Umfang des Instruments. Desweiteren sollen auch mögliche Bereiche für die Arbeit zwischen den Verhandlungstreffen zur Unterstützung des INC-3 eingereicht werden.
Der INC-Vorsitzende (Gustavo Meza-Cuadra Velasquez, Peru), wird mit Unterstützung des Sekretariats einen Entwurf (Zero Draft) für den Vertragstext ausarbeiten.
Im Hinblick auf künftige INC-Tagungsorte einigten sich die Länderdelegierten darauf, die INC-3 im November in Nairobi (Kenia), die INC-4 im April 2024 in Ottawa (Kanada) und die INC-5 im Oktober oder November 2024 in der Republik Korea abzuhalten.
Was ist für den weiteren Prozess wichtig?
❗ Es darf nicht zugelassen werden, dass die Verursacher der Verschmutzung durch Plastik und die Interessenträger der fossilen Industrie das Mandat des INC verzögern, stören und von ihm ablenken.
❗ Eine anhaltende Fixierung auf freiwillige Maßnahmen, Recycling und die Förderung von Scheinlösungen, wie das Plastik „offsetting“ (der „Ausgleich“ von Kunststoffen), die energetische Verwertung und chemisches „Recycling“, verzögern wahre Lösungen und lenken von der Notwendigkeit ab, die Ursachen der Plastikkrise anzugehen.
❗ Es gilt eine vielfältige Beteiligung der Zivilgesellschaft sicherzustellen, um das Mandat für eine „möglichst umfassende und wirksame Beteiligung“ zu erfüllen.
❗ Die Integrität des Prozesses und die wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage muss geschützt werden und frei von kommerziellen und Eigeninteressen sein.
Mehr Infos über den Verhandlungsverlauf (Engl.):
- Results of the second round of negotiations to address the problems of plastic pollution (Engl., 4.6.2023)
- The second round of Plastic Treaty negotiations started with an NGO protest (30.6.2023)
- Globally harmonized requirements for transparency and traceability of chemical information in plastic materials and products in the Plastic Treaty (30.6.2023)
- How are the negotiations on plastic progressing? (1.6.2023)