Rückblick auf die vierte Verhandlungsrunde für ein globales Plastikabkommen
Die vierte Sitzung des Zwischenstaatlichen Verhandlungskommitees (INC-4) für ein globales Plastikabkommen hat am Montag, 29. April in Ottawa, Kanada, ihr Ende gefunden. Vom 23. bis zum 29. April kamen Regierungsvertreter*innen zusammen, um ein internationales rechtsverbindliches Instrument zur Beendigung der Plastikverschmutzung zu verhandeln. Ebenfalls vor Ort waren Beobachter*innen von Interessengruppen und NGOs.
Auch Exit Plastik-Mitglieder waren vor Ort dabei. Wir berichteten täglich unter @exitplastik auf Instagram, X und LinkedIn. Ein zusammenfassender Rückblick auf die Verhandlungen folgt.
Ein chronologischer Rückblicke auf die einzelnen Verhandlungstage findet sich am Ende dieses Beitrags. Tägliche Videos von den Verhandlungen und weitere Infos finden sich auch bei @exitplastik auf X(Twitter) und Instagram.
Verhandlungen laufen schleppend, trotzdem bleibt Hoffnung auf ein ambitioniertes Abkommen
Alexandra Caterbow, Co-Direktorin von HEJSupport und Mitglied von Exit Plastik, war in Ottawa dabei und zieht ein Fazit:
Verhandlungen im Schneckentempo
Insgesamt kommen die Verhandlungen zu langsam voran. Die Diskussionen erfolgten auf der Basis des überarbeiteten Null-Entwurfs des Abkommentextes, der einige vielversprechende Teile enthält, beispielsweise Textbausteine für die schrittweise Reduktion der Plastikproduktion und die Eliminierung bedenklicher Polymere und Chemikalien. Bei dem vergangenen Treffen wurde ein sogenanntes technisches Streamlining dieses Textes gemacht, um die verschiedenen vorgeschlagenen Optionen zu straffen und in eine verhandelbare Textversion zu bringen. Insgesamt wurden jedoch mehr Ergänzungen als Streichungen vorgenommen, sodass der Text weiterhin mit einer Vielzahl von Optionen und eingeklammerten Wörtern und Sätzen (d.h. noch nicht vereinbarter Sprache) gespickt ist. Einige wichtige Themen wurden bereits anhand dieses Streamlining verhandelt, allerdings sind wir noch weit davon entfernt eine Einigung zu irgendeinem Thema zu erzielen.
Die Mitgliedstaaten haben sich zum Verhandlungsende darauf geeinigt, dass es zwei Gruppen zur intersessionalen Arbeit vor der nächsten Sitzung des INC geben wird. Diese sollen die Arbeit zu den Themen Chemikalien in Plastik und Produktdesign sowie zu Möglichkeiten der Umsetzung (means of implementation), einschließlich eines Finanzierungsmechanismus, voranbringen.
Streitpunkt: Ganzer Plastik-Lebenszyklus oder lediglich Müll-Abkommen?
Im wesentlichen stehen sich zwei Lager gegenüber: Die sogenannte „like minded group“ („Gruppe der gleichgesinnten“), zu der viele Erdölstaaten gehören, mit z.B. Saudi Arabien, Oman, Iran und Russland, möchte keine Reduktion der Plastikproduktion, kein Verbot von gefährlichen Chemikalien in Plastik und möglichst wenige globale rechtlich verbindliche Regelungen. Demgegenüber steht die High Ambition Coalition, die sich für Plastikreduktion, Chemikalienverbote und zahlreiche andere progressive Maßnahmen einsetzt. Die Mitglieder der Gruppe der Gleichgesinnten stellten immer wieder den Geltungsbereich des Abkommens in Frage, welches den „gesamten Lebenszyklus von Plastik“ adressieren soll. Dies ist ein offensichtlicher Versuch die Verhandlungen zu blockieren und das Abkommen auf Fragen der Abfallwirtschaft zu reduzieren, wodurch die Ambitionen und die Wirksamkeit des Abkommens erheblich geschmälert würden.
Verhandlungsfähiger Vertragstext noch in weiter Ferne
Nach der nächsten Verhandlungsrunde sollte ein Vertragstext fertiggestellt sein. Allerdings sieht es aktuell nicht so aus, als ob dieses bis dahin gelingen könnte. Denn einige wenige Staaten blockieren das Voranschreiten der Verhandlungen. Weil die progressiven Staaten insgesamt deutlich in der Überzahl sind, besteht aber die Zuversicht, dass wir insgesamt ein zufriedenstellendes Abkommen bekommen werden. Jede Verzögerung führt leider zu mehr Plastikproduktion und damit auch zu mehr Plastikmüll sowie mehr Kontamination von Mensch und Umwelt durch gefährliche Chemikalien. Wir müssen schnell den Hahn zudrehen, denn wir können uns nicht aus der Plastikkrise heraus-recyceln.
Verhandlungen unter Druck der fossilen und chemischen Industrie
Der Lobbydruck der Industrie nimmt von Verhandlungsrunde zu Verhandlungsrunde deutlich zu. Laut einer Recherche von CIEL haben sich 196 LobbyistInnen der fossilen und chemischen Industrie bei INC4 registriert. Das sind mehr als die gesamte EU-Delegation, Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen von Indigenen Gruppen zusammen.
Deutschland muss Position für ambitionierten Abkommenstext beziehen
Deutschland sollte sich, wie andere EU-Staaten, dringend der Initiative „Bridge to Busan“ anschließen, die sich für die Reduktion der Plastikproduktion innerhalb eines globalen Plastikabkommens einsetzt: https://www.bridgetobusan.com/
Berichte zu den einzelnen Verhandlungstagen
Tägliche Videos von den Verhandlungen und weitere Infos finden sich unter @exitplastik auf X(Twitter) und Instagram sowie auf unserer Themenseite zum globalen Plastikabkommen!