Offener Brief: Plastikpellet-Krise offenbart Schwachstelle in vorgeschlagener EU-Verordnung
“Als Koalition von NGOS erheben wir unsere kollektive Stimme, um Maßnahmen zu fordern, um diese Umweltkatastrophe zu stoppen, die aus der systematisch schlechten Handhabung von Plastikpellets in der gesamten Wertschöpfungskette resultiert. Und dies kann durch die Verabschiedung ehrgeiziger EU-Rechtsvorschriften erreicht werden.“
Anlass für den offenen Brief an Mitarbeiter*innen des europäischen Parlaments zur geplanten EU Verordnung zur Reduktion von Plastikpellet-Verlusten ist ein Containerunglück vor Spaniens Küste Ende 2023, durch das mehr als tausend Säcke gefüllt mit Plastikpellets in die Meeresumwelt gelangt sind und an der Küste von Galizien angespült wurden.
Politisches Geschehen
Derzeit wird die europäische Gesetzgebung überprüft, nachdem die Europäische Kommission im Oktober 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung zur „Vermeidung der Freisetzung von Kunststoffgranulat zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik“ vorgelegt hat. In seiner ersten Form wird der Text jedoch zu schwach sein, um einen wesentlichen Unterschied zu bewirken. Besonders die Ausnahme des Schiffstransports und die fehlende Verantwortungsübertragung auch für kleine und mittlere pelletverarbeitende Unternehmen und zu hohe Schwellenwerte werden von uns kritisiert.
Darüber hinaus hat sich die International Maritime Organisation Ende Februar 2024 für strengere Verpackungs- und Transportregelungen bei Pellettransporten auf See, sowie für eine Kennzeichnungspflicht ausgesprochen. Die Zustimmung des Marine Environment Protection Committee steht noch aus (Stand 29.02.2024).
Hintergrund
Entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette finden Verluste von Plastikpellets, dem Grundbaustoff von nahezu jedem Plastikprodukt, statt, was zeigt, dass bisherige Maßnahmen zur Reduktion dieser vermeidbaren Quelle von Mikroplastikeinträgen in Meere und Umwelt nicht ausreichen. Bereits bei dem Verlust von nur einem Kilogramm Plastikgranulat gelangen bis zu 50.000 der linsengroßen Pellets – und damit primäres Mikroplastik – in die Natur, aus der sie auch bei größtem Aufwand nicht mehr vollständig geborgen werden können. Besonders in Meeren und Oberflächengewässern akkumulieren verlorene Plastikpellets, mit dramatischen Auswirkungen: Schadstoffe aus dem Wasser reichern sich an den mikroskopischen Plastikteilchen an, was vielfältige negative Auswirkungen auf Lebewesen haben kann, die das Mikroplastik aufnehmen.