Absolute Reduktion von Produktion, Konsum und Emission aller synthetischen Kunststoffe, ohne Ausnahmen für biobasierte sowie als biologisch abbaubar gekennzeichnete Kunststoffe und ohne Substitution durch Einwegprodukte anderen Materials.
Die Kunststoffproduktion boomt. Von 1950 bis 2015 wurden weltweit mehr als 8,3 Milliarden Tonnen Kunststoff produziert.1 Bis 2017 waren es schon 9,2 Milliarden Tonnen.2 Das ist mehr als eine Tonne Plastik pro derzeit auf der Erde lebendem Menschen. Immer offensichtlicher werden die Gefahren für Gesundheit, Umwelt und Klima, welche Kunststoffe entlang ihres gesamten Lebenszyklus verursachen. Sie reichen von Gesundheits- und Umweltrisiken durch den Einsatz problematischer Chemikalien bei der Herstellung und Verarbeitung, über den massiven Eintrag in die Umwelt und die damit einhergehende tödliche Gefahr für viele Lebewesen, bis hin zur Verschärfung der Klimakrise durch den massiven Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen bei der Produktion und Entsorgung.
Derzeitige Produktions-, Nutzungs- und Entsorgungsmuster von Kunststoffen müssen grundlegend verändert werden, um die daraus resultierenden Gefahren für Gesundheit, Umwelt und Klima einzudämmen. Zur Bewältigung der Kunststoffproblematik fordern wir deshalb von der Bundesregierung, alle notwendigen politischen und gesetzlichen Schritte zur absoluten Reduktion von Produktion, Konsum und Emission aller synthetischen Kunststoffe zu unternehmen. Nur wenn Kunststoffe konsequent vermieden werden, können die aus der Kunststoffproduktion, -nutzung und -entsorgung resultierenden Gesundheitsrisiken gemäß dem Vorsorgeprinzip minimiert, die massive Verschmutzung und Zerstörung der Lebensräume an Land und im Wasser gestoppt, die Verschwendung wertvoller Ressourcen verhindert und das Klima geschützt werden.
Es gilt hierbei, keine Ausnahme für biobasierte sowie als biologisch abbaubar gekennzeichnete Kunststoffe zu machen, da sie in Punkto Ressourcen-, Klima- und Umweltschonung keine wesentlichen Vorteile gegenüber konventionellen Kunststoffen haben. Die durch den Begriff „bio“ suggerierte vermeintliche Umweltfreundlichkeit von „Bioplastik“ ist irreführend und kann die verschwenderische Nutzung und das vermehrte unkontrollierte Wegwerfen (sogenanntes „Littering“), von Kunststoffen befördern (siehe auch Forderung 3). Abfallvermeidung und ein Verzicht auf kurzlebige Kunststoffprodukte und Einwegkunststoffe, egal ob „bio“ oder konventionell, muss oberste Priorität haben (siehe auch Forderung 11 und Forderung 13).
Kurzlebige Kunststoffverpackungen und -produkte dürfen nicht durch Einwegprodukte anderen Materials substituiert werden. Umwelt- und Klimaschutz beginnen mit der Vermeidung von unnötigen Einwegprodukten und -verpackungen bei Produktion und Handel. Denn auch Materialien wie Papier oder Aluminium sind in ihrer Ökobilanz problematisch. Nachhaltigere und ressourcenschonendere Lösungen müssen zur Einhaltung der planetaren Grenzen verfolgt werden. Hierzu muss ein gesellschaftlicher Wandel erfolgen, weg von der Wegwerf- hin zu einer Zero Waste-Kultur (siehe auch Forderung 3). Die fünfstufige Europäische Abfallhierarchie, an deren höchster Stufe die Vermeidung steht3, muss konsequent umgesetzt werden (siehe auch Forderung 13). Dafür ist die gesetzliche Festlegung und konsequente Einhaltung von Reduktions- und Wiederververwendungszielen für Verpackungen erforderlich sowie der Ausbau und die Förderung von Mehrwegsystemen (siehe auch Forderung 2, Forderung 11 und Forderung 13). Auch sollte eine Ressourcensteuer oder zweckgebundene Abgabe auf besonders umweltschädliche Einwegartikel festgelegt werden und umgekehrt abfallarme Mehrwegverpackungen steuerlich begünstigt werden (siehe auch Forderung 5 und Forderung 13).
1 Geyer et al. 2017
2 Geyer in press in: Caterbow & Speranskaya 2019
3 Abfallrahmenrichtlinie 2008