Verhindern der Emission von Mikroplastik in die Umwelt, das durch Nutzung und Verwitterung von Kunststoffen entsteht.

Durch Nutzung, Gebrauch und Verwitterung von Kunststoffen gelangt Mikroplastik in die Umwelt. So sind als einige der Hauptquellen für die Freisetzung von primärem Mikroplastik1 in die Umwelt in Deutschland Reifenabrieb, Freisetzungen bei der Abfallentsorgung, Abrieb von Polymeren und Bitumen in Asphalt, Emissionen auf Baustellen sowie Faserabrieb bei der Wäsche von synthetischen Textilien zu nennen.2 Zusätzlich entsteht sogenanntes sekundäres Mikroplastik durch die Verwitterung und Fragmentierung von in die Umwelt gelangtem Makroplastik, dessen jährlich emittierte Menge in Deutschland bei geschätzten 116.000 Tonnen Makroplastik bzw. einer pro Kopf-Emission von jährlich 1,4 kg liegt.3

Die Bundesregierung muss in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus Maßnahmen ergreifen, um diese Emissionen einzudämmen. Insbesondere muss durchgesetzt werden, dass die Hersteller und Inverkehrbringer, entsprechend einer konsequenten EPR, finanziell in die Pflicht (siehe auch Forderung 2) für die Finanzierung von Maßnahmen gegen die nutzungs- und verwitterungsbedingte Emission von Makro- und Mikroplastik genommen werden.

Da die größten Reduktionserfolge bei Maßnahmen zu erwarten sind, die den Eintrag direkt an der Quelle verhindern,4 sollten diese klar priorisiert werden. Im Hinblick auf die Vielzahl an verschiedenen Eintragsquellen gilt es hierbei, die jeweils effektivsten und effizientesten Maßnahmen zur Reduktion des Makro- und Mikroplastikeintrags in die Umwelt zu ermitteln und konsequent umzusetzen. Die Forschung zu Eintragsquellen und möglichen technischen Lösungen ist zu fördern, um diesbezügliche Wissenslücken zu schließen und Unsicherheiten abzubauen.

Zusätzlich müssen Anreiz- und Rückholsysteme (bspw. Pfandsysteme) zur Vermeidung von Littering und illegaler Müllentsorgung geschaffen und Strukturen ausgebaut werden, welche die Zuführung von Kunststoffmüll in die fachgerechte Verwertung begünstigen und zu einer allgemeinen Reduktion des Abfallaufkommens beitragen (siehe auch Forderung 11 und Forderung 13).

Mit Mikroplastik verunreinigtes Niederschlagswasser darf nicht ungereinigt in aquatische Systeme eingeleitet werden. Ferner darf Mikroplastik nicht durch Verunreinigung von Kompost und Gärresten in den Boden, die Luft und in die Umwelt gelangen, wobei Maßnahmen auf Unternehmens-, Anlagen- und Verbraucherebene umzusetzen sind. Die Umsetzung einer verschärften Bioabfall- und Düngemittelverordnung, die den Gehalt an Fremdstoffen in Düngemittel auf ein Minimum reduziert, in Verbindung mit einer flächendeckenden Qualitätssicherung, ist hierzu notwendig.

Einige der konkret zu ergreifenden Maßnahmen sind:

  • Entwicklung einer Standardmessung zur Ermittlung der Abriebrate von Autoreifen und Einführung einer entsprechenden Kennzeichnungspflicht sowie die Beschränkung des Inverkehrbringens der abriebstärksten Autoreifen
  • Nutzung von abriebminimierenden Straßenbelägen und Reinigung der Straßenabwässer bzw. -kanalisation durch geeignete Reinigungs- und Filtertechniken
  • Umsetzung gezielter Maßnahmen zur Einleitung einer Verkehrswende, beispielsweise die massive Reduzierung des Individualverkehrs, die Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Gewichtsreduzierung bei Kraftfahrzeugen (z.B. SUV-Verbot), um den Reifenabrieb zu reduzieren
  • Verpflichtung von besonders emissionsreichen Branchen zur Entwicklung und zum verbindlichen Einsatz von Mikroplastikfiltern bereits auf Produktionsebene
  • Durchsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung auch für Produzenten und Inverkehrbringer von synthetischen Textilien, welche die Langlebigkeit von Textilien, ihre Recyclingfähigkeit sowie die Bereitstellung von End-of-Life-Optionen wie Sammelsysteme beinhaltet und die konsequente Umsetzung der europäischen Abfallhierarchie gewährleistet sowie Exporte von synthetischen Alttextilien verhindert
  • Verpflichtung der Hersteller und Inverkehrbringer von synthetischen Textilien
    • zur Entwicklung von Lösungen, a) damit während des Produktions- und Transportprozesses keine synthetischen Fasern in die Umwelt gelangen und b) in Textildesign, sodass Emissionen von synthetischen Fasern über das Waschwasser verhindert werden
    • zur industriellen Vorbehandlung (z.B. per Wasch- oder Trocknungsvorgang) und entsprechender Aufbereitung des Abwassers/der Abluft
    • zur finanziellen Beteiligung an der Entwicklung von und Nachrüstung mit Waschmaschinenfiltersystemen, um synthetische Fasern aus dem Waschabwasser rauszuhalten
  • Ausweitung der Ökodesignrichtlinie auf Textilien (siehe auch Forderung 6)
  • Ausbau von Abwassertechnologien, insbesondere Nachrüstung von Kläranlagen (kommunale Investitionen in neue Filterstufe zur mechanischen Entfernung von Partikeln) (siehe auch Forderung 8)
  • Reinigung/Behandlung der Straßenabwässer, auch bei Trennkanalisation
  • Anpassung im Produktdesign bei emissionsstarken Produkten in der umweltoffenen Anwendung
  • Verhindern von Kunststoff-Einsatz in Land- und Forstwirtschaft, bei genauer Prüfung und anschließendem Nachweis der Umweltverträglichkeit von Alternativen

1 In der zu Grunde gelegten Definition des Fraunhofer Institut UMSICHT umfasst „primäres Mikroplastik“ Mikroplastik vom Typ A, welches gezielt hergestellt wird (bspw. Reibkörper in Kosmetik, polymere Strahlmittel und Kunststoffpellets) sowie Mikroplastik vom Typ B, welches in der Nutzungsphase entsteht (bspw. der Abrieb von Reifen und synthetische Fasern die beim Waschen freigesetzt werden) (Bertling et al. 2018, S. 9).

2 Ibid. S. 10f.

3 Ibid. S. 14

4 Hann et al. 2018