Die Bundesregierung muss sich proaktiv für ein völkerrechtlich verbindliches globales gesetzliches Rahmenwerk zur Lösung der Kunststoffproblematik entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik einsetzen und die Erreichung international formulierter Ziele unterstützen.

Die Kunststoffproblematik ist global. Einwegprodukte aus Kunststoff sind zum Symbol des modernen Lebens geworden und genießen, als Lifestyle-Produkte, weltweit immer mehr Bedeutung. Überall sind Menschen, teils an gefährlichen Arbeitsplätzen, in der Produktion und Verarbeitung von Kunststoffen für den Weltmarkt beschäftigt. Auch Kunststoffabfälle werden weltweit gehandelt. In die Umwelt freigesetzte Kunststoffe werden mit Meeresströmungen und Wind in jeden Winkel der Erde transportiert, mit negativen Folgen für die biologische Vielfalt. Treibhausgase aus Produktion und Entsorgung reichern sich überdies zunehmend in der Atmosphäre an und tragen zur globalen Klimaerwärmung bei.

Die bisher bestehenden internationalen Vereinbarungen zur Kunststoffproblematik sind höchst fragmentiert und ineffektiv. Gegen den landseitigen Eintrag in internationale Gewässer, zum Beispiel über die Flüsse, greifen bisher keine verbindlichen internationalen Regelungen. Es wird zunehmend klarer, dass das Problem nicht auf nationaler oder regionaler Ebene allein gelöst werden kann. Freiwillige Initiativen, Selbstverpflichtungen und Maßnahmen einzelner Staaten oder der Wirtschaft sind zwar begrüßenswert, haben aber bisher weder dazu geführt, dass der weltweit boomende Plastikkonsum sinkt, noch verhindern können, dass immer größerer Mengen von Kunststoffabfällen in die Umwelt gelangen. Was daher auf globaler Ebene dringend benötigt wird, ist ein rechtsverbindliches, internationales Abkommen, das weltweit Staaten auf das gemeinsame Ziel verpflichtet, die von Kunststoffen ausgehenden Gesundheitsrisiken einzudämmen, die negativen Auswirkungen auf das Klima und die Biodiversität zu minimieren und den Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt zu stoppen. 1

Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, sich proaktiv für ein globales, völkerrechtlich verbindliches und ganzheitliches Rahmenabkommen zur Lösung der Kunststoffproblematik einzusetzen und darauf in den bereits existierenden Gremien und Arbeitsgruppen hinzuwirken.2 Ein solches Abkommen sollte sich auf die negativen Auswirkungen von Kunststoffen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Umgang mit Kunststoffabfällen beziehen und dabei nicht nur die sichtbaren Probleme angehen (Müllberge, Verschmutzung von Meeren und Küsten mit Abfällen), sondern auch Restriktionen, ein Verbot von gesundheits-, klima- und umweltgefährdenden Schadstoffen in Kunststoffen umfassen und systemische Lösungen im Sinne eines Abfall- und Kreislaufwirtschaftsansatzes von den Vertragspartnern abfordern.

Es bedarf einer völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung, welche folgende Aspekte beinhaltet:

  • klare Reduktionsziele gemäß eines Aktionsplans für die Produktion von Kunststoffen und für den Kunststoffeintrag in die Umwelt („plastic pollution reduction plan“)
  • Zielwerte für nationale Wiederverwendungs- und Recyclingquoten sowie für den Einsatz von Kunststoffrezyklaten
  • Nationale Aktionspläne („plastic pollution reduction plans“) zur Erreichung der Abkommensziele
  • nationale Berichtspflichten sowie Compliance-Mechanismen
  • Fördermechanismen, die einen Finanzmechanismus, technischen Support und wissenschaftlichen Beratungsgremium beinhalten
  • Verpflichtung der wirtschaftlich stärkeren Vertragsländer zur Unterstützung schwächerer Länder mit nachhaltiger und planbarer finanzieller und technischer Unterstützung bei der Entwicklung von Lösungsansätzen und der Zielerreichung, im Sinne einer „just transition“
  • Entwicklung von internationalen Standards für sichere chemische Inhaltsstoffe, um sichere Recyclingpraktiken und eine sichere Kreislaufwirtschaft zu garantieren
  • Erweiterung der Produzentenverantwortung (EPR) bei Herstellung und Inverkehrbringen von Kunststoffen, sodass international Mehrweg- und Pfandsysteme und die Systeme der Abfall- und Kreislaufwirtschaft gestärkt werden
  • Unterbindung des Abfallexports in Länder ohne hochwertiges Recycling durch Koordinierung aller internationalen Aufgaben in bestehenden plastikrelevanten multilateralen Umweltabkommen („MEAs“=Multilateral Environmental Agreements)
  • auf Nachhaltigkeit und Transparenz ausgerichtete Lieferketten gemäß der Agenda 2030 zur nachhaltigen Entwicklung

1 Heinrich-Böll-Stiftung 2019

2 Deutscher Bundestag 2018